Güterbahnhof Moabit

Bis vor ein, zwei Jahrzehnten war er wohl noch in Betrieb, nun gibt es ihn nur noch auf nicht mehr aktuellen Karten zu sehen, den Güterbahnhof Moabit, dessen Gleisanlagen sich für mehr als hundert Jahre zwischen Beusselbrücke und Putlitzbrücke erstreckten — unmittelbar südlich an den Westhafen anschließend.

Karte Güterbahnhof Moabit
Karte von OpenStreetMap (3.5.2009)

Die Gleise sind herausgerissen und nur noch die Pflastersteinwege dazwischen lassen erahnen, wo hier einst die Güter zwischen Schiene, Wasser und Straße umgeschlagen wurden. Berichte, wie den, den das Hamburger Abendblatt am 8.8.1959 unter dem Titel “Wütender Bulle rast durch Moabit” (hinter Paywall im Archiv) über einen Bullen veröffentlichte, der sich beim Verladen auf dem Bahnhof selbständig machte und Polizei und Feuerwehr in Atem hielt, wird es nicht mehr geben.

Güterbahnhof Moabit
Blick nach Westen. Die Gleise fehlen schon länger

Der Westhafen und die Moabit zu fast zwei Dritteln umschließenden Gleisanlagen mit den verschiedenen Güterbahnhöfen — der Lehrter Güterbahnhof ganz im Süden auf dem Moabiter Werder, im Osten der Berlin-Hamburger (später Hamburg-Lehrter) Güterbahnhof beidseits der Heidestraße und im Norden eben der Güterbahnhof Moabit — gehörten einst zu den wesentlichen Versorgungsadern der Stadt.

Güˆterbahnhof Moabit
Blick nach Südwesten. Die Pappeln stehen an der Siemensstraße

Die neue Geschäftspolitik der Bahn ist es jedoch, die vielen Güterbahnhöfe in der Stadt nach und nach zu schließen und ihre Funktion auf einige wenige Güterverteilzentren ins Umland zu verlegen, was Berlin eine nicht unerhebliche Steigerung des LKW-Verkehrs und damit einhergehender Umweltverschmutzung beschert. Für die Bahn mag sich das betriebswirtschaftlich rechnen und die Brandenburger mögen sich auch über neue Arbeitsplätze freuen, aber volkswirstschaftlich betrachtet scheint mir das doch eher weniger sinnvoll zu sein.

Doch es waren nicht nur Güter, die auf dem Güterbahnhof Moabit verladen wurden. Auch von diesem Bahnhof aus gingen die Deportationszüge Richtung Osten. Neuere Forschungen der Stiftung Topographie des Terrors haben ergeben, dass rund 30.000 Juden vom Moabiter Güterbahnhof aus abtransportiert wurden. Eine 2007 als Vorgriff auf einen später noch einzurichtenden „Gedenkort Deportationen vom Güterbahnhof Moabit” am anderen Ende der Quitzowstraße aufgestellte Stele soll an diesen Teil der Geschichte des Bahnhofs erinnern.

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Der Bezirk Mitte hat 15.000 Quadratmeter auf dem Gelände des ehemaligen Güterbahnhofs angekauft. Auf diesem Areal, auf dem noch Teile eines alten Güterschuppen stehen geblieben sind, wird nun ein Park, der Moabiter Stadtgarten, eingerichtet. Damit wird eine schon 1994 erhobene Forderung des damaligen Tiergartener Baustadtrates Horst Porath (SPD) endlich umgesetzt. Mehr zu den Details der aktuellen Planungen findet sich auf den Seiten von Moabit-online.

Güterbahnhof Moabit
Güterschuppen auf dem zukünftigen Moabiter Stadtgarten

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6 Antworten auf „Güterbahnhof Moabit“

  1. Zu dem wichtigen historischen Blick auf die Deportationen sei noch angemerkt, dass diese nach den Forschungen alle vom östlich gelegenen Teilabschnitt “Putlitzbrücke” erfolgten, die “Deportationsrampe” lag unweit der geplanten, kleinen Gedenkstätte, die zwischen dem Lidl-Supermarkt und der neuen Ellen-Epstein-Straße liegen wird. Zahlreiche der von dort Deportierten wurden von der als Sammellager missbrauchten Synagoge Levetzostraße/Ecke Jagowstraße durch die Moabiter Wohnstraßen zur Deportationsrampe getrieben, der letzte Abschnitt dorthin führte über die zwischen Supermarkt und Baumarkt erhaltene Kopfsteinpflasterstraße. Der Ort der Deportationen war übrigens von den Anwohnern der Häuser der Quitzowstraße einsehbar, da die damaligen Gewerbebauten flach waren.

    1. Ich habe mich schon gefragt, warum die Stele so weit entfernt vom eigentlichen Gbf Moabit aufgestellt wurde – jedenfalls wird auf allen Karten, die ich finden konnte, nur der Teil der Gleisanlagen zwischen Beussel- und Putlitzbrücke als Gbf Moabit bezeichnet. Online scheint es keine hinreichende Information dazu zu geben …

  2. Hi, Vilmo. Wie informativ. D.h. ich kann dann irgendwann im Park flanieren (wenn’s nicht zu unheimlich ist). Gestern dachte ich – wartend auf die Ringbahn – so bei mir, man könnte in dem Fachwerk-Turm an der Beusselbrücke doch ein schickes Café einrichten. Vielleicht wird da nun ‘was draus. Grüße, Caro

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